Bei Augusta Sophie von
Lobkowitz, geborene von Sulzbach, handelt es sich um eine nicht nur für
Neustadt bemerkenswerte Frau. Sie wurde am 22. November 1624, also mitten
in den Wirren des 30jährigen Krieges, geboren. Ihr Vater, August,
Pfalzgraf von Sulzbach und bei Rhein, starb schon acht Jahre später, im
Jahr 1632. Die Mutter der Fürstin war eine geborene Herzogin von
Holstein-Gottrop. Sie lebte nach dem Tod ihres Mannes in Nürnberg. Der ältere
Bruder von Augusta Sophie, Christian August, war regierender Herr in
Sulzbach.
Nach dem Tod ihres Vaters kam die junge Fürstin zur Erziehung nach
Schweden an den königlichen Hof zu ihrer Großtante, der Königin Hedwig
Eleonore, der Witwe Gustav Adolfs. Bei ihrem Aufenthalt in Schweden lebte
sie meistens in Niököping.
Schon während ihres Aufenthalts in Schweden wurde Fürst Wenzel Eusebius
von Lobkowitz, dessen 1. Ehefrau jung verstarb, auf Augusta Sophie
aufmerksam.
Auszug aus dem Buch
"Fürst Wenzel Eusebius von Lobkowitz"
von Adam Wolf aus dem Jahr 1863
Fürst Lobkowitz war
zweimal verheiratet. Schon 1631, zur Zeit als er in Belgien war, wollte
ihn sein ehemaliger Erzieher Bärnclau mit einer ältlichen Witwe Kolowrat
verheiraten. Jedoch war Lobkowitz dazu gar nicht geneigt und wies das
Anerbieten zurück. Immerhin besaß die Witwe Güter im Wert von 800.000 -
900.000 fl..
Wenige Jahre später lernte er eine andere Witwe kennen: Johanna, geborene
Myska von Zlunitz, früher vermählt mit dem böhmischen Edelmann Felix
Pietipeski von Chisch und Egerberg. Er verliebte sich sich und heiratete
sie in Prag am 3. November 1638.
Seine Mutter hatte es bei Hofe durchgesetzt, dass die Witwe noch vor der
Hochzeit zur Gräfin ernannt wurde. Sie war jung, hübsch und eine reiche
Erbin, besaß Geld und Gut, und brachte namentlich einen großen Reichtum
an Silber, Edelsteinen, Bildern und kunstreichen Gefäßen mit. Ein Bild
in Raudnitz stellt sie als junge Frau dar, mit blonden Haaren, eine runden
lebhaft gefärbten Gesicht und hellen Augen, aus denen aber mehr Gutmütigkeit
als Geist herausleuchtet. Sie schrieb meistens tschechisch, war eine gute
verständige Hausfrau, ging selbst in die Küche, beaufsichtigte die Mägde
und führte die Wirtschaft in musterhafter Weise. Ihren Gemahl liebte sie
zärtlich, obwohl er meist von ihr entfernt war.
1648 bei dem Überfall der Schweden in Prag hatte die Frau viel zu leiden.
Die feindlichen Offiziere pflegten vornehme Personen bis zu ihrer "Ranzionirung"
gefangen zu halten, d.h. bis sie sich für eine Summer Geld wieder
loskauften. Bei der Einnahme der Kleinseite in Prag 1648 war dem
schwedischen Oberst Kopph das Haus Lobkowitz zugefallen. Er verglich sich
mit der Herrin auf 8.000 Thaler. General Königsmark erpresste aber unter
Drohung der Plünderung nochmals 8.000. Da die Fürstin nicht so viel
bares Geld vorrätig hatte, schrieb sie ihrem Mann. Dieser schickte 4.000
Thaler in bar, den Rest in Silberkleinodien, welche aber Königsmark nicht
annahm. Er quittierte auch nur 3.000 Thaler und zwang die Fürstin zu
einem Vetrag auf 9.000 Thaler, fällig in sechs Wochen.
Trotz aller Verwendung bei den Gesandten in Osnabrück erhielt Lobkowitz
nichts von den erpressten Summen zurück. Der Pfalzgraf Carl Gustav
stellte zwar einen Sicherheitsbrief für die böhmischen Güter aus, aber
in Sternstein erhob ein schwedischer Proviantmeister Steuern und Gefälle
aller Art auch nach dem Frieden. Enzowan schenkten die Schweden einem böhmischen
Flüchtling, und die anderen Güter waren so verheert, dass Bauern und
Knechte davongelaufen waren. Johanna Lobkowitz starb bald nach dem Frieden
am 17. Juni 1650. Sie hinterließ keine Kinder und setzte ihren Gemahl zum
Erben ein.
Fürst Lobkowitz hatte seine Frau herzlich geliebt. Trotzdem hielt er sehr
bald Umschau nach einer zweiten Frau. 1653, zur Zeit, als er bereits am
Wiener Hof lebte, vermählte er sich mit einer Fürstin aus souveränem
Hause, mit der Pfalzgräfin zu Sulzbach und bei Rhein, Auguste Sophie. Er
war 44, sie 29 Jahre alt. Die Geschichte dieser Heirat und Ehe gibt einen
solchen Einblick in die Sitten und Gewohnheiten des 17. Jahrhunderts, dass
darüber einiges berichtet werden soll.
Der Vater der Fürstin, August, Pfalzgraf von Sulzbach, war 1632
gestorben, ihre Mutter Hedwig, eine geborene Herzogin von Holstein-Gottrop,
lebte in Nürnberg. Ihr älterer Bruder Christian August war regierender
Herr in Sulzbach, der jüngere Philipp wurde später Feldmarschall in
kaiserlichen Diensten und ein tüchtiger Landwirt, der unter dem Namen
"Florinus" ein Hausbuch über die Landwirtschaft geschrieben
hat.
Die Prinzessin wurde am 22. November 1624 geboren. nach dem Tod ihres
Vaters kam sie an den königlichen Hof in Schweden zu ihrer Großtante,
der Königin Hedwig Eleonore, der Witwe Gustav Adolfs. Dort wurde sie
erzogen und lebte meist bei der verwitweten Königin in Niököping.
Wenzel Lobkowitz wurde schon 1650 auf die junge Dame aufmerksam gemacht
und bekam von dritter Hand ein kleines Medaillon mit einem Bildnis von ihr
auf Elfenbein gemalt. Er dachte schon damals daran, sie zu heiraten, aber
erst 1651 nach vollendetem Trauerjahr schickte er seinen Rat Röthel nach
Sulzbach und Nürnberg, um bei Bruder und Mutter um die Prinzessin zu
werden.
Eine Ehewerbung war zur damaligen Zeit ein feierlicher Akt und wurde vom
Hofe an bis in die bürgerlichen Kreise hinein mehr wie ein ernstes Geschäft
gehandelt. Die Eltern, Advocaten und Hausfreunde hatten dabei mehr zu tun
als die Liebesleute.
Der Briefwechsel
zwischen der Pfalzgräfin Hedwig und Lobkowitz enthält auch nichts von
Liebe, sondern nur die Ausdrücke der gegenseitigen Achtung und die Fragen
über Morgengabe, Widerlage und Witwensitz. Die Briefe der Brautleute
selbst sind jedoch in einem so feierlichen, gemessenen Ton gehalten, wie
es heutzutage kaum mehr zwischen Fremden üblich ist.
Der Lobkowitzsche Vertraute brachte den Sekretär des Pfalzgrafen mit nach
Wien, mit dem Lobkowitz den Heiratsvertrag besprach. Die Pfalzgräfin
selbst war arm, ihr Vermögen war bei der Vormundschaft "abaliniert"
worden; sie bekam nur 12.000 Thaler mit. Der Fürst ließ ihr dieselbe
Summe als Widerlage versichern und legte nach 4.000 Thaler dazu. Als Witwe
soll sie eine Rente von 2.800 Thaler aus dem Einkommen von Sternstein
genießen und in Sternstein oder in einem anderen Schlosse wohnen. Die
Verwandten waren mit diesen Bedingungen sehr zufrieden. Der Pfalzgraf
verlangte nur, dass seine Schwester bei der evangelischen Religion bleiben
dürfe. Das "fürstliche Fräulein" blieb noch den Winter über
in Schweden, reiste im Februar 1652 ab und kam erst am 23. Juni 1652 in
Sulzbach an. Sie war auch öfters "stille gelegen", wie sie
ihrer Mutter schrieb, um von den Beschwerden der Reise auszuruhen. Ein
Oberst Stängel, im Dienst ihres Bruders, hatte sie aus Stockholm abgeholt
und begleitet.
Braut und Bräutigam
sahen sich jedoch noch lange nicht. In der Zwischenzeit schrieben sie sich
höfisch steife, mit Titel und Redensarten überfüllte Briefe.
Fürst Lobkowitz kam im
Januar 1653 nach Nürnberg. Dort wurden am 3. Februar 1653 die Eheverträge
unterzeichnet und am 6. Februar 1653 war die Vermählung. Nach einigen
Tagen reisten beide nach Neustadt an der Waldnaab, dem Schloss und Gut der
Lobkowitz. Der Fürst blieb bei seiner Frau bis in den Sommer, ging dann
nach Böhmen und Wien zurück. In den späteren Jahren kam er gewöhnlich
im Frühjahr oder Sommer für einige Wochen nach Neustadt. Die Fürstin
verbrachte dort Jahr für Jahr bis zum Abend ihres Lebens. Ein Bild von
einem unbekannten, aber ganz vortrefflichen Meister gemalt, zeigt sie als
junge Frau von ungefähr 30 Jahren mit einem runden, echt fränkischen
Gesicht, wie sie Lucas Cranach in seinen heiligen und weltlichen Bildern
so oft gemalt hat: Sie hat schöne braune Augen, schwarze Haare mit
Locken, eine lange Nase, kleinen Mund und niederes Kinn; der Ausdruck ist
offen, klar, mehr kräftig als weich, mehr verständig als herzlich.
Die Heirat der deutschen
Prinzessin aus dem alten streng protestantischen Geschlechte mit einem Fürsten,
der erst vor Kurzem in den Fürstenstand des Reiches eingeführt war, die
Verbindung mit einer Familie, deren Eifer für die katholische Religion
bekannt war, machte allgemeines Aufsehen. Alle Verwandten der Fürstin, Männer
und Frauen der Welfen, der Pfälzer und Holsteiner schickten Glückwünsche
ein, sprachen aber zugleich ihre Besorgnis wegen eines Religionswechsels
aus. Die Zeit war noch nicht an religiöse Duldung gewöhnt; trotz des
Friedens war der religiöse Haß noch lebendig und wurde von den
protestantischen und katholischen Geistlichen geschürt. Am Wiener Hofe
galten noch die strengen Grundsätze wie zur Zeit Ferdinands II.. Noch
1650 wurden die Religionsedicte erneuert; auf den Besitz eines
protestantischen Buches, auf die Übertretung des Fastengebotes war die
Strafe der Güterkonfiscation und Landesverweisung gesetzt; niemand durfte
ohne besondere Erlaubnis der Regierung in ein protestantisches Land
verreisen. Von den adeligen Familien, welche der Religion willen 1625 aus
Böhmen und Mähren, 1628 aus Innerösterreich ausgewiesen waren, kamen
nur wenige zu ihrem früheren Besitz. Kein Protestant wurde in die
Regierung oder in den Hofdienst aufgenommen. Heiraten von Katholiken und
Protestanten kamen selten vor und wurden nur geduldet.
Der regierende Pfalzgraf
wollte vor der Heirat den Satz in die Eheverträge aufgenommen haben, dass
seine Schwester bei ihrer Religion bleiben dürfe. Der Fürst hatte darauf
geantwortet, man möge ihm das nicht zumuten, er hoffe vielmehr, seine
Frau werde sich aus Überzeugung der katholischen Religion zuwenden.
In der Tat versuchte er
in den ersten Monaten nach der Heirat auf die religiöse Denkart seiner
Frau einzuwirken. Er lud den Jesuiten Pater Ridler in sein Haus; aber es
brauchte viel Mühe, ehe die Fürstin, welcher schon der bloße Anblick
eines Mannes aus dem gefürchteten Orden Entsetzen einjagte, sich nur zu
einer Unterredung mit ihm herbeiließ. Sie bezeigte dem Jesuiten alle
Achtung, ein Gespräch über religiöse Dinge wies sie jedoch ab. Zwei
Jahre später wollten die Jesuiten noch einen Mann ihres Ordens in das
Haus einführen. Der Provinzial machte geltend, dass ein Jesuit nach den
Statuten des Ordens nicht allein in einem Hause leben dürfe. Der Fürst
ersuchte jedoch den Privinzial für diesen Fall um Dispens. Pater Ridler
kam 1649 als Rektor in das Collegium zu Neuburg und 1664 nach Regensburg.
Er besuchte die Fürstin in Neustadt und gab die Hoffnung nicht auf, sie
zu bekehren, umso mehr, als ihr Bruder, der Pfalzgraf Christian August,
1655 zur katholischen Religion übergetreten war. Ihre Verwandten von der
Neuburger Linie waren schon seit 1614 katholisch. Die Fürstin Auguste und
ihre Mutter blieben jedoch bei ihrer Bibel, ihrem Gesangbuche und gaben
ihren protestantischen Glauben nicht auf.
Allmählich fügte sich
Lobkowitz der Überzeugung seiner Frau, umso mehr als sie bei ihrer
Dienerschaft nur Katholiken anstellte und der Geistlichkeit in Neustadt
kein Hindernis in den Weg legte. In seinen Briefen an Geistliche sprach er
wohl die Hoffnung aus, seine Frau noch belehrt zu sehen: "der Himmel
werde ihm diesen Trost unverhofft zusenden"; aber in den Briefen an
seine Gemahlin ist nicht die leiseste Andeutung, dass er sie zum Übertritt
drängte oder diesen auch nur wünsche. Eine fremde Einmischung, eine Drängen
der Geistlichen wies er bestimmt ab.
Die Fürstin war auch nicht zu bewegen nach Wien zu gehen und sich am
kaiserlichen Hofe vorstellen zu lassen. Durch ihre Religion war sie von
Jugend auf wie alle Glieder der deutschen protestantischen Fürstenfamilien
dem hause Habsburg fremd, abgeneigt; zudem fühlte sie sich als deutsche Fürstin
ganz und gar ebenbürtig und wollte nicht als Frau eines Vasallen im
Gefolge gehen.
Sie lebte still in Neustadt, schmückte Schloss und Garten, beaufsichtigte
die Verwaltung und sammelte Geld. Im Schloss zu Neustadt hat sie ihre
Kinder geboren und in Zucht und Frömmigkeit auferzogen. Dort war ihre
Heimat, ihr Frieden. Öfter besuchte sie ihr Bruder Philipp; ihre Mutter
starb schon 1657. Die Fürstin Auguste war bei dem Volke beliebt, sogar
bei den katholischen Geistlichen.
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