Wo starb Piccolomini

 

Starb der Feldherr Piccolomini in Neustadt oder handelt es sich nur um eien Sage?

In den Jahren 1618 bis 1648 wütete in Europa ein Krieg, der besonders die Oberpfalz in starke Mitleidenschaft zog: Der 30jährige Krieg. Auch die Bevölkerung von Neustadt a.d. Waldnaab litt sowohl unter den kaiserlichen als auch den schwedischen Truppen. Wenn man die Augen auf macht, kann man noch jetzt zahlreiche Spuren aus der Vergangenheit sehen.

Vieles an Erinnerungen ist erhalten geblieben, einiges aber auch vergessen. Anderes dagegen wird erzählt, ohne dass man es beweisen kann.

Vermutungen und Sagen, teilweise richtig, teilweise aber falsch?

In der Kreisstadt erzählt man sich noch heute die Geschichte vom Tod des Feldherrn Max Piccolomini in oder bei Neustadt. Der Sage nach starb er am Felixberg, in der Nähe der heutigen Schallerkapelle, und wurde in der Freyung, bei dem Kreuz im Fahrbahnteiler, gegenüber Eisen-Grader, beerdigt. Noch im Jahr 1948 hat der damalige Bürgermeister Hans Trottmann eine neue Linde pflanzen lassen und auch das Kreuz wurde hergerichtet. Kann man dies alles geschichtlich belegen oder hat hier die Zeit alles verwischt? Machen wir uns also auf die Suche nach Zeugnissen, die Klarheit bringen sollen.

Piccolomini

Piccolomini war ein Feldherr, der im 30jährigen Krieg in Diensten des großen katholischen Führers Wallenstein gestanden hat. Der große deutsche Dichter und Schriftsteller Friedrich Schiller hat in seinem Drama „Wallenstein“ (geschrieben 1798/99; Teil 2 „Wallensteins Tod“) diesem Piccolomini und auch Neustadt ein Denkmal gesetzt, das der Nachwelt zu denken gibt. Schiller führt aus, dass Piccolomini bei Neustadt gefallen sei und in der Nähe des Sankt Katharinenstifts begraben wurde.

Natürlich hatte der Dichter hier nicht unbedingt die geschichtliche Wahrheit wiedergegeben und von einem Max Piccolomini geschrieben, den es doch eigentlich gar nicht gab!

Doch weit gefehlt.

Der nachweisbare und bekannte Feldherr Octavio Piccolomini entstammt einer bekannten italienischen Familie. Gestorben ist er im August 1656 in Wien, er überlebte also den so schrecklichen Krieg. Der Feldherr in den Diensten der Liga adoptierte seinen Neffen, Joseph Silvio Max Piccolomini, und dieser fiel tatsächlich 1645 als Oberst. Ferdinand III. führt in einem Brief vom 12. März 1645 an Gallas aus, daß er das Regiment des jungen Piccolomini (Giuseppe) nach dessen Tod an einen anderen weitergeben werde.

Zeugen aus der Vergangenheit

Nachdem man einen Max Piccolomini also nachweisen kann, müssen wir uns in Neustadt nach weiteren Beweisen umsehen. Im Felixwald hinter dem Berufsbildungszentrum kann der aufmerksame Spaziergänger deutlich Erdwälle feststellen. Hier kann man demnach Schützengräben des Kriegs aus dem 17. Jahrhundert nachweisen.

Ein weiteres Zeugnis von einer Schlacht bei Neustadt liefert unser Heimatdichter Oswald Hafner. Er hat ein Gedicht mit dem Titel

„Max Piccolominis Tod bei Neustadt a.d. Waldnaab“

(Sage auf die Schaller-Kapelle an der Felix-Allee)
geschrieben. Darin findet man folgende Zeilen:

Bis zum stillen Wallfahrtsberge,
Wo Sankt Felix freundlich ruht,
Stehen der Verschanzung Werke
Und des Lagers treue Hut.

 Nach einigen Strophen geht es wie folgt weiter:

Sieh! Da donnerts von der Schanze
Und es saust die Kugelsaat,
Und zum Kreuze und zum Kranze
Stürtzt der Held am Wallfahrtspfad.

 

Seines Todes schöne Stelle
Ehrt die Stadt noch liebend dort
Und die kleine Steinkapelle
Pflanzet sein Gedächtnis fort.

 Oswahl Hafner, der von 1806 bis 1882 lebte, war ein gebildeter Mann. Entweder hatte er bei seinem Gedicht aus dem Werk Schillers einiges entnommen oder er legte hier ein Zeugnis aus alten Überlieferungen ab. Wir wissen es nicht.
In der Chronik der Pfarrei Neustadt schreibt der Neustädter Chronist und Ehrenbürger Heinrich Ascherl, daß die Schallerkapelle erst um 1740 entstanden sein. Gleichzeitig bemerkt Ascherl, dass sich an dieser Stelle aber schon früher eine besondere Begebenheit abgespielt haben muss.
Wie wir aus dem Drama von Schiller entnehmen können, liegt der jugendliche Feldherr beim Sankt Katharinenstift in Neustadt begraben. Vielen Neustädtern wird das im Jahr 1970 abgebrochene St. Katharinen-Spital, später auch Altenheim St. Martin, hinter dem jetzigen Baywa-Lagerhaus, noch bekannt sein.

Sind dies alles nur Zufälle oder verbirgt sich dahinter tatsächlich Wahrheit. Feststellen muss man, dass Schiller unglaubliche Ortskenntnisse besaß. Deshalb kann er sich dies für sein Drama nicht alles zusammengereimt haben. Tatsache ist außerdem, dass es einen Max Piccolomini gab. Diesen lässt Schiller zwar in Zusammenhang mit der Ermordung von Wallenstein 1634 sterben, es war diesbezüglich eine dichterische Freiheit.

Erst vor einige Monaten, nachdem mein Artikel im Frühjahr 1995 in der Regionalzeitung „Der Neue Tag“ veröffentlicht wurde, bekam ich durch Herrn Malzer (Musiklehrer am Neustädter Gymnasium) einen interessanten Hinweis.
Nach seiner Auskunft erzählt Josef Lang, ehemaliger Geschäftsstellenleiter bei der Stadt Neustadt (seinen Eltern gehörte das Haus neben dem Rathaus, das nun für die Rathauserweiterung mit umgebaut wird; hier handelte es sich um das sogenannte „Sunnawirtshaus“, in dem einstmals eine Gaststätte untergebracht war), folgende Geschichte:
„Von meinen Eltern habe ich immer die Geschichte gehört, dass der große Dichter Schiller, als er die Aufzeichnungen für Piccolomini zusammentrug, in dem Gasthaus meiner Vorfahren übernachtet habe.“

Somit könnte man sich die genauen Ortsangabe von Schiller schon eher erklären. Eine Rückfrage beim Bayerischen Staatsarchiv in Amberg ergab, daß Unterlagen über eventuelle Übernachtungsgäste leider nicht vorhanden sind.
Neustadt a.d. Waldnaab kann also aus dieser schrecklichen Zeit noch sehr viel an die Nachwelt weitergeben.

   
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