Ebenso markant wie das „Neue Schloß“ steht das
„Alte Schloß“ (dies sind die typischen, volkstümlichen Bezeichnungen
der Neustädter für beide Bauwerke) am oberen Ende des Stadtplatzes. Eine
überaus gelungene Renovierung dieses vom Zahn der Zeit ehemals stark
angenagten Gebäudes lässt auf eine glanzvolle Vergangenheit schließen.
Sämtliche konservierfähigen Wand-, Gewölbe-,
Deckenputze und Gefache in allen fünf Geschossen konnten fast gänzlich
erhalten werden. Ein besonderes Augenmerk galt auch dem Erhalt der
Vielzahl von Kalkanstrichen. Umfangreiche Freilegungen an Wandflächen mit
dem Ziel eine umfassenden Restaurierung ergaben sich im ersten Obergeschoß.
In diesen Räumen aus dem 18. Jahrhundert stieß man auf Putzdecken
(darunter spätgotische Deckenkonstruktionen), wobei reizvolle, farbenprächtige
Vedutenmalereien und Rokokodekor besondere Aufmerksamkeit verdienten.
Nach der Renovierung durch den Landkreis Neustadt
wurden auch in dem Gebäude Büroräume des Landratsamtes untergebracht.
Im Alten Schloß, einschließlich dem östlichen
Bauteil, sind die baugeschichtlichen Zusammenhänge für den Fachmann seit
dem 15. Jahrhundert bis in unsere Zeit noch gut erkennbar. Das Landesamt für
Denkmalpflege hat dieses Gebäude mit folgenden Worten in die Denkmalliste
aufgenommen: „Ehemalige Burg, sog. „Altes Schloß“, spätgotisch,
dreigeschossiger Giebelbau mit Erkern, im Kern 15. Jahrhundert.,
Dachkonstruktion bez. 1543, die östlich anschließenden Teile und die
Kelleranlage im Kern mittelalterlich, in der Renaissancezeit Einbau von
Holzdecken; überdachte Freitreppe, 1818; östliche Gartenmauer mit
Pinienzapfen, Anfang 19. Jahrhundert; rückwärtig einbezogene Reststücke
der Stadtbefestigung, wohl spätmittelalterlich.“
Der Baubeginn kann nicht mit Gewissheit
nachgewiesen werden. Betrachtet man den Bau vom Stadtplatz aus, so ist
der linke, zurückgesetzte Teil, der ältere. Die Freitreppe mit den
Arkaden wurde erst am Anfang des 19. Jahrhunderts hinzugefügt.
Nachweislich hat Wolf, Herr zum Guttenstein, im Jahr 1532 zwei Häuser am
oberen Ende des Stadtplatzes gekauft, um sie für seine Zwecke umzubauen.
Dies wird als „Grundsteinlegung“ für diesen Bau angenommen.
Der Bau des großen mittleren Teils des Schlosses
ist wieder auf die Lobkowitzer zurückzuführen. Im Jahr 1567 wurde
Ladislaus II. prachtvoll in Neustadt empfangen, als er erstmals in seinem
neuen Besitztum nach dem Rechten schaute. Dabei versprach er den Neustädtern,
ein neues Schloß zu bauen. Bei einer Beschreibung der Neustädter
Herrschaft im Jahr 1620 wird dann schon von einem „wollerbauten Schloß“
gesprochen, das große Zimmer vorweisen konnte.
Die oberen Stockwerke wurden durch die fürstliche
Familie bewohnt. Im Erdgeschoss, jetzt Zulassungsstelle, befanden sich
Wein- und Bierschenken, später Ladengeschäfte. Auch das Wachpersonal
hatte in den unteren Räumen seinen Aufenthaltsort. Als Beweis dafür
befindet sich heute noch ein kleines Gefängnis in einem Raum. Hier wurden
die Gefangenen durch ein Loch im Boden in einem dunklen Kellerverlies
eingekerkert.
Ein kleiner Rundgang zumindest durch die Foyers und
Gänge lohnt sich. Im II. Stockwerk kann ein Modell der Prager Neustadt,
so wie sie Neustadts großer Förderer Kaiser Karl IV. planen ließ,
besichtigt werden. Es wurde nach der Jubiläumsausstellung auf der
Nürnberger Kaiserburg als Dauerleihgabe nach Neustadt gegeben
Leider ist ein bemerkenswerter Teil des Hauses
nicht zugänglich: Der Dachstuhl. Er ist eine handwerklich-technische
Meisterleistung, da das spätgotische Werk über vier Stockwerke führt.
In einem Balken der spätgotischen Wohnhalle ist noch heute die Jahreszahl
1543 deutlich zu erkennen.
Vielfältige Deckenkonstruktionen, wie
Lehmschlagdecken mit Farbfassungen (in allen drei Geschossen), die
dreifeldrige „Schiffskehlendecke“ im 1. Obergeschoss (an der
Stadtplatzseite) und die im 2. Obergeschoss des östlichen Bauteils und im
westlichen Bauteil befindlichen sog. „Fischgrätendecken“ (zwischen
den Zerrbalken der Dachkonstruktion eingeschobene profilierte Bretter
aus Nadelholz, die nach 1700 in einem Teilbereich mit einer
„Marmorierung“ überfasst wurden, sind hier noch besonders zu erwähnen.
Aus Sandstein und Granit gehauene Fenster- und Türgewänder lassen ebenso
auf eine ehemalige feudale Wohnstätte schließen, wie die Vielfalt der
Gewölbekonstruktionen.
Vieles, was in diesem alten, ehrwürdigen Gebäude
erhalten und restauriert wurde, ist neben den verantwortlichen Politikern
auch dem ehemaligen Hauptkonservator vom Landesamt für Denkmalpflege,
Paul Unterkircher, zu verdanken. An einer seiner Aussagen kann man erst
die Bedeutung dieses Gebäudes nicht nur für Neustadt erkennen: „ Das
stadtbildprägende dreigeschossige Anwesen Stadtplatz 36 ist der
bedeutendste spätgotische Baukomplex zumindest der mittleren und nördlichen
Oberpfalz und Kernbau des Herrschaftsbesitzes auch noch im 17. Jahrhundert
während der Regierungszeit der gefürsteten Grafen von Lobkowitz.“
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