Hier
schlummert auch ein Teil der Geschichte von Neustadt
Neustadt/WN.
Sie gilt als eine der bedeutendsten Privatbibliotheken Europas. Allein die
Inventarliste umfasst 583 Seiten; 65.000 Bände waren in 1.342 Kisten
verpackt und sind nun auf ca. 2.500 Meter Regalen untergebracht. Darunter
befinden sich auch zahlreiche Bücher, die einst Neustädtern gehörten
und nun ebenfalls zu den Schätzen zählen. Die Rede ist von der
Raudnitzer Bibliothek der Fürsten Lobkowitz.
Viele alte Bücher
und Beschreibungen des Inventars von Raudnitz sprechen von unermesslichen
Kunstschätzen die in den Räumen des Schlosses an der Elbe einstmals
gesammelt wurden. Hier nur einige Auszüge: Bibliothek mit 65.000 Bänden
(„eine der reichhaltigsten und bestgeordneten in Böhmen für die
Geschichte des 16. und 17. Jahrhunderts“, „eine der größten alten Büchersammlungen
Alt-Böhmens“), Evangeliar aus dem 10. Jahrhundert, bedeutende Sammlung
von Musikinstrumenten (Amati, Stradivari, Steinergeigen, besonderer Stolz
Steiner-Baßgeige), Gemäldesammlung mit Werken von Canaletto, Rubens,
Lucas Cranach, Titian, Albrecht Dürrer, Hanns Holbein, van Dyck,
Rembrandt.
Diese kurze Aufzählung lässt auf ein wahres Museum von wirklich unschätzbarem
Wert schließen. Die Kunstschätze sind erhalten, waren zum großen Teil
leider aber in alle Himmelsrichtungen zerstreut. Neben der großartigen
Gemäldegalerie in Nelahozeves wurde nun in den letzten Jahren auch die
einstmalige Bibliothek in diesem Schloss wieder aufgebaut.
Über 40 Jahren war die unersetzlichen Bücher nach dem Ende des 2.
Weltkrieges in Kisten untergebracht, bis sie der Tschechische Staat nun
wieder an die Familie Lobkowicz zurückgab. Frau Dr. Laura De Barbieri hat
in jahrelanger Arbeit alle Bücher gesichtet und nun wieder geordnet. Es
war für sie eine historische Arbeit, die unermesslichen Werte wieder in
die Hand zu nehmen.
Die Raudnitzer Bibliothek ist im 17. und 18.Jahrhundert entstanden, als
mehrere Lobkowitzsche Familienbibliotheken aber auch fremde zusammengelegt
wurden. Zu den ältesten Beständen gehören Handschriften des obersten
Landschreibers Nicolaus von Lobkowitz und die Bibliothek des großen
Humanisten Bohuslav von Lobkowitz auf Hassenstein. Gerade er war ein
begeisterter Sammler von Handschriften und Drucken.
Der größte Schatz der Sammlung ist ein Evangeliar aus dem 10.
Jahrhundert, das höchstwahrscheinlich aus Südengland stammt. Weiter kann
man die Privatbibliothek eines Neustädter Beamten sehen, der für viele
momentan noch eher unbekannt sein dürfte: Christoph Philipp Zickel, oder
auch Zickelius.
Christoph
Philipp Zickelius war ein Beamter bei den Fürsten Lobkowitz in Neustadt.
Er studierte Rechtswissenschaften in Jena und lebte in der Zeit der Fürstin
Augusta Sophie, also im 17. Jahrhundert.
So kamen in der Zeit von ca. 1655
bis 1675 über 2.500 Briefe zusammen, die sehr detaillierte Berichte über
Neustadt enthalten. Bei
Christoph Philipp Zickelius stellte sich heraus, dass er nicht nur der höchste
Beamte im Fürstentum war, sondern Augusta Sophie bereits vor ihrer
Hochzeit kannte und sie sogar mit nach Schweden begleitete.
Nach seinem Tod vererbte er all seine Bücher dem Fürstenhaus Lobkowitz,
die sich nun ebenfalls mit in der Bibliothek in Nelahozeves befinden. Die
Zukunft wird zeigen, in welchem Bild man so manch bekanntes aber auch noch
unbekanntes sehen muss.
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Das Schloss Nelahozeves mit dem Trakt, in dem die Bibliothek
der Familie Lobkowicz untergebracht ist- |
Frau Dr. Laura de Barbiere leitet seit vielen Jahren die
Lobkowicz-Bibliothek. Ihr ist es zu verdanken, dass sie nun wieder in
ihrem alten Glanzerstrahlt |
65.000 Bände sind in Regalen mit einer Länge von beinahe
2.500 Metern untergebracht. |
Die Schätze sind unbezahlbar. Über viele Jahrhunderte
hinweg wurden von der Familie Bücher gesammelt, aber auch andere
Bibliotheken hinzugekauft. |
Wer Interesse hat, kann die Bibliothek auch besichtigen.
Hierfür ist jedoch eine vorherige Absprache und Anmeldung erforderlich. |
Richard Sipek und die Bücher von Zickelius. Er hat über
diesen Beamten aus Neustadt seine hochinteressante Diplomarbeit
geschrieben. |