Wie
so vieles, wurde auch der Besitz, die Burg Schreckenstein, von Polyxena
von Rosenberg erworben. Nach dem Verlust ihres Mannes, dem
Oberstburggrafen Wilhelm Rosenberg, wurde sie 1592 mit 26 Jahren eine
junge Witwe und reiche Erbin. Durch geschickte Haushaltsführung vermehrte
sie ihren Reichtum und konnte auch die Burg Schreckenstein kaufen.
Die Lage der Burg, die beherrschend am Ufer der Elbe liegt, ist
beeindruckend. Man kann die Burg Schreckenstein von zwei Richtungen aus
erreichen: Entweder wählt man den Weg von Süden her, über Leitmeritz,
oder über Aussig (Usti nab Labem). Egal für welchen Weg man sich
entscheidet, die Elbe hat sich hier tief in das Tal eingegraben und bildet
mit den Ausläufern des Erzgebirges eine imposante Kulisse.
Die Ruine der gotischen Burg liegt auf einer Phonolythlandzunge, 246 Meter
über dem Meeresspiegel am rechten Ufer der Elbe, am südlichen Rand der
Stadt Aussig.
Die Gemeinde Schreckenstein schenkte König Johann von Luxemburg im Jahre
1316 einem reichen Prager Bürger mit der Bedingung, daß er eine Burg
errichten soll. Damit sollte die Schifffahrt auf der Elbe kontrolliert und
das erheben von Zollgebühren ermöglicht werden. Gleichzeitig wollte man
in dem Gebiet, das von dem Geschlecht der Vartemberg beherrscht wurde ein
Zeichen setzen. Der erste schriftliche Nachweis von der Burg liegt aus dem
Jahr 1319 vor, als Pesek von Strekov den erbauten Sitz vom König als
Lehen für das Vasallentreueversprechen erhielt.
Schreckenstein war also eine königliche Burg, aber zu keiner Zeit unter
direkter königlicher Verwaltung. Der dazugehörige Besitz war nie sehr
groß. Schon im September 1319 ging sie in den Besitz der Vartemberks aus
Decin über. In der Hussitenzeit wurde sie zu einer Hochburg der
Katholiken, die in den Burgmauern Klosterkostbarkeiten aufbewahrte.
Um das Jahr 1500 baute man die Burg spätgotisch aus. Die Eigentumsverhältnisse
wechselten in der Folgezeit sehr oft, bis 1563 der Besitz in die Hände
von Vaclav Popel von Lobkowitz überging. Im Jahr 1570 wurde die Burg
umgebaut und erweitert. Bereits 1601 wurde das formal königliche Eigentum
als erblicher Besitz der Lobkowitzer bestätigt. Der unsägliche 30jährige
Krieg ging auch an Schreckenstein nicht spurlos vorüber. Viermal wurde
sie von den Schweden besetzt und geplündert. Die Schweden zerschossen
auch die Felsen im Flussbett der Elbe, um den Schiffen einen größeren
Tiefgang zu ermöglichen, damit die Kriegsbeute leichter abtransportiert
werden konnte. Auch die anschließenden Preußischen Kriege zogen die Burg
in Mitleidenschaft.
Die Burg steht von April bis Oktober für die Besucher offen. Es werden Führungen
angeboten, die auch in deutscher Sprache erfolgen. Eine Besichtigung der
Burganlage ohne einen Führer ist nicht möglich.
Durch ein turmförmiges Tor, dessen Fundament aus dem 14. Jahrhundert
stammt, kommt man in den niederen Teil der Innenburg, der sogenannten
alten Vorburg. Die ehemalige Küche wurde im Jahre 1830 in ein
Gartenrestaurant umgewandelt, das sich bis heute noch auf der Burg
befindet. Am Rande des steilen Felsens, direkt über dem Fluss, wurde im
16. Jahrhundert ein langgestrecktes Gebäude erbaut. Dort waren ursprünglich
die Pferdeställe untergebracht und im Stockwerk darüber die Räume der
Herrschaft. Nun finden hier im sogenannten Rittersaal gesellschaftliche
Zeremonien und bedeutsame Sitzungen statt. Von hier führt eine Treppe zu
den ältesten Teilen der eigentlichen Burg, zum Burgpalast, und die Stufen
hinauf zu einem Rundturm. Der Turm diente nicht zur Abwehr, sondern
bewachte einen möglichst großen Teil der Elbe-Schifffahrt. Der
Burgpalast war ein 22 Meter langes und 8 Meter breites Objekt, von welchem
nur das Umfassungsmauerwerk aus dem 14. Jahrhundert erhalten blieb und das
tonnenförmige eingewölbte Erdgeschoss mit neugotischen Fenstern.
Weil im 15. Jahrhundert die Burg schon nicht mehr den damaligen
Wohnanforderungen entsprach - sie hatte nur ein Wohngebäude -
zentralisierte sich der spätgotische Umbau auf das Erweitern des
bewohnten Teiles. An Stelle des ursprünglichen Eckwehrturmes wurde ein
viereckiger Turmpalast gebaut, der allmählich durch einen schmalen Flügel
entlang der östlichen Umfassungsmauer mit dem alten Palast verbunden
wurde. Aus Abwehrgründen war der Turmpalast von den übrigen Räumen des
Wohnflügels durch einen kleinen Hof abgeteilt. Das Erdgeschoss des
Turmpalastes ist durch ein Kreuzgewölbe ohne Bolzen eingewölbt. Das
erste Stockwerk hatte eine Holzbalkendecke und drei große Fenster und war
durch eine Wendeltreppe mit dem Hof verbunden. Auf der anderen Hofseite
entstand Anfang des 16. Jahrhunderts ein gewölbter Raum, wahrscheinlich
die Burgkapelle, obwohl ältere Traditionen die Kapelle dem Erkersaal des
alten Palastes gleichsetzen. So entstand ein einheitlicher Gebäudekomplex,
der um das Jahr 1570 noch baulich instandgesetzt wurde.
Im Zusammenhang mit dem Umbau wurde im 15. Jahrhundert nördlich der Burg
noch eine vorgeschobene Befestigung errichtet, die von den eigentlichen
Burggebäuden durch eine enge Schlucht abgeteilt ist. Diese Befestigung
schützte die Burg vor möglichen Artillerieangriffen und gleichzeitig
sicherte sie den Zugang zur Burg vom Wirtschaftshof in der Vorburg. Mit
der eigentlichen Burg war diese Befestigung durch eine Fallbrücke
verbunden.
Die malerische Lage der Burg Schreckenstein entsprach voll der
romantischen Vorstellungskraft des 19. Jahrhunderts über das Mittelalter.
Ihre Burgruinen gehörten deshalb zu den ersten, auf die sich damals die
romantischen Interessen für Denkmäler aus der Vergangenheit
konzentrierten. Um das Jahr 1811 besuchte die Burg der deutsche Dichter
Theodor Körner. Der berühmteste Besucher aus den Reihen der Maler war im
vorigen Jahrhundert Ludwig Adrian Richter. Von ihm stammt das wohl
berühmteste
Bild der Burg „Überfahrt bei Schreckenstein“, das sich in der
Dresdner Nationalgalerie befindet.
Auch der große deutsche Komponist Richard Wagner fand Gefallen an
Schreckenstein. Wagner reiste trotz seiner ständigen Geldschwierigkeiten
viel umher und war ein Liebhaber Böhmens. In seinem Memoiren schwärmt er
immer wieder von seinem geliebten Böhmen, den Aufenthalten in Karlsbad
und den heilbringenden Quellen. So ist es nicht verwunderlich, dass er
sich von dieser beeindruckenden Gegend auch zu einem seiner Werke
inspirieren lies.
Im Sommer des Jahres 1842 verbrachte er einige Tage auf Schreckenstein und
holte sich hier Eindrücke für sein Werk „Venusberg“. Damit sein
Eindruck wiedergegeben werden kann, hier ein Ausschnitt aus seiner
Lebenserzählung:
„Kaum hatte ich nun durch briefliche Vermittlung bei dem reichen Kunstmäzen
Schletter in Leipzig für den im Misere in Paris zurückgebliebenen Kietz
einiges ausgewirkt, für die ärztliche Behandlung Minnas und für die
Ordnung meiner eigenen kümmerlichen finanziellen Lage zur Not gesorgt,
als ich mich in frühgewohnter Weise zu einer mehrtägigen Fußwanderung
in das böhmische Gebirg aufmachte, um meinen Plan zum „Venusberg“
unter den angenehmen Eindrücken eines solchen Aufenthalts in mir
auszuarbeiten. Hierzu reizte es mich, auf dem so romantisch gelegenen
Schreckenstein bei Aussig für mehrere Tage in dem kleinen Gastzimmer, in
welchem des Nachts mir eine Streu aufgemacht wurde, mein Quartier zu
nehmen. Tägliche Besteigung des „Wostrai“, der höchsten Bergspitze
der Umgebung, erfrischten mich, und die phantastische Einsamkeit regte
meinen Jugendmut in der Art wieder auf, dass ich eine volle Mondnacht, in
das bloße Bett-Tuch gewickelt, auf den Ruinen des Schreckensteins
herumkletterte, um mir so selbst zur fehlenden Gespenstererscheinung zu
werden, wobei mich der Gedanke ergötzte, von irgend jemand mit Grausen
wahrgenommen zu werden. Hier setzte ich denn nun in mein Taschenbuch den
ausführlichen Plan zu einer dreiaktigen Oper „Der Venusberg“ auf,
welchem vollkommen getreu ich später die Dichtung ausführte.“
Seinen
Prosaentwurf aus dem Jahre 1842 nannte er „Der Venusberg“. Als darüber
aber allerlei Witze in Umlauf kamen - vor allem von Seiten boshafter
Medizinstudenten - entschloss er sich für den weniger anfechtbaren Titel
„Tannhäuser“.
Wagner hatte mit dieser Oper bei seiner Erstaufführung in Dresden am 19.
Oktober 1845 nur mäßigen Erfolg. Für die Premiere in Paris 1861 schrieb
Wagner einen neuen Anfang, da die Franzosen ein Ballett eingebaut haben
wollten. In dieser Fassung folgt auf die Overtüre ein bacchantischer Tanz
auf dem Venusberg. Richard Wagner beschäftigte sein „Tannhäuser“ ein
Leben lang und war anscheinend noch immer damit unzufrieden. Noch drei
Wochen vor seinem Tod, am 23. Januar 1883, notierte Cosima Wagner in ihrem
Tagebuch: „Er sagt, er sei der Welt noch den Tannhäuser schuldig“.
Besonders der Pilgerchor mit „Freudig begrüßen wir die edle Halle“
aus dieser Oper zählt für Operchöre zu den beeindruckendsten Stücken
aus dem Werk.
Natürlich wurde auch die Burg Schreckenstein 1948 enteignet und in
staatlichen Besitz überführt. Erst mit dem Rückgabegesetz von 1992
konnte es wieder in die Hände ihrer ursprünglichen Besitzer, der Familie
Lobkowitz, zurückgegeben werden.
Derzeitiger Besitzer der Burg und der umliegenden Grundstücke ist William
von Lobkowitz, dem auch das Schloss der Lobkowitzer in Nelahozeves (Mühlhausen)
gehört.
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