Reiseziele in Böhmen
Strekov (Schreckenstein)

Adrian Ludwig Richter

Überfahrt über die Elbe am Schreckenstein bei Aussig - 1837

Staatliche Kunstsammlungen Dresden

Wie so vieles, wurde auch der Besitz, die Burg Schreckenstein, von Polyxena von Rosenberg erworben. Nach dem Verlust ihres Mannes, dem Oberstburggrafen Wilhelm Rosenberg, wurde sie 1592 mit 26 Jahren eine junge Witwe und reiche Erbin. Durch geschickte Haushaltsführung vermehrte sie ihren Reichtum und konnte auch die Burg Schreckenstein kaufen.
Die Lage der Burg, die beherrschend am Ufer der Elbe liegt, ist beeindruckend. Man kann die Burg Schreckenstein von zwei Richtungen aus erreichen: Entweder wählt man den Weg von Süden her, über Leitmeritz, oder über Aussig (Usti nab Labem). Egal für welchen Weg man sich entscheidet, die Elbe hat sich hier tief in das Tal eingegraben und bildet mit den Ausläufern des Erzgebirges eine imposante Kulisse.
Die Ruine der gotischen Burg liegt auf einer Phonolythlandzunge, 246 Meter über dem Meeresspiegel am rechten Ufer der Elbe, am südlichen Rand der Stadt Aussig.
Die Gemeinde Schreckenstein schenkte König Johann von Luxemburg im Jahre 1316 einem reichen Prager Bürger mit der Bedingung, daß er eine Burg errichten soll. Damit sollte die Schifffahrt auf der Elbe kontrolliert und das erheben von Zollgebühren ermöglicht werden. Gleichzeitig wollte man in dem Gebiet, das von dem Geschlecht der Vartemberg beherrscht wurde ein Zeichen setzen. Der erste schriftliche Nachweis von der Burg liegt aus dem Jahr 1319 vor, als Pesek von Strekov den erbauten Sitz vom König als Lehen für das Vasallentreueversprechen erhielt.
Schreckenstein war also eine königliche Burg, aber zu keiner Zeit unter direkter königlicher Verwaltung. Der dazugehörige Besitz war nie sehr groß. Schon im September 1319 ging sie in den Besitz der Vartemberks aus Decin über. In der Hussitenzeit wurde sie zu einer Hochburg der Katholiken, die in den Burgmauern Klosterkostbarkeiten aufbewahrte.
Um das Jahr 1500 baute man die Burg spätgotisch aus. Die Eigentumsverhältnisse wechselten in der Folgezeit sehr oft, bis 1563 der Besitz in die Hände von Vaclav Popel von Lobkowitz überging. Im Jahr 1570 wurde die Burg umgebaut und erweitert. Bereits 1601 wurde das formal königliche Eigentum als erblicher Besitz der Lobkowitzer bestätigt. Der unsägliche 30jährige Krieg ging auch an Schreckenstein nicht spurlos vorüber. Viermal wurde sie von den Schweden besetzt und geplündert. Die Schweden zerschossen auch die Felsen im Flussbett der Elbe, um den Schiffen einen größeren Tiefgang zu ermöglichen, damit die Kriegsbeute leichter abtransportiert werden konnte. Auch die anschließenden Preußischen Kriege zogen die Burg in Mitleidenschaft.
Die Burg steht von April bis Oktober für die Besucher offen. Es werden Führungen angeboten, die auch in deutscher Sprache erfolgen. Eine Besichtigung der Burganlage ohne einen Führer ist nicht möglich.
Durch ein turmförmiges Tor, dessen Fundament aus dem 14. Jahrhundert stammt, kommt man in den niederen Teil der Innenburg, der sogenannten alten Vorburg. Die ehemalige Küche wurde im Jahre 1830 in ein Gartenrestaurant umgewandelt, das sich bis heute noch auf der Burg befindet. Am Rande des steilen Felsens, direkt über dem Fluss, wurde im 16. Jahrhundert ein langgestrecktes Gebäude erbaut. Dort waren ursprünglich die Pferdeställe untergebracht und im Stockwerk darüber die Räume der Herrschaft. Nun finden hier im sogenannten Rittersaal gesellschaftliche Zeremonien und bedeutsame Sitzungen statt. Von hier führt eine Treppe zu den ältesten Teilen der eigentlichen Burg, zum Burgpalast, und die Stufen hinauf zu einem Rundturm. Der Turm diente nicht zur Abwehr, sondern bewachte einen möglichst großen Teil der Elbe-Schifffahrt. Der Burgpalast war ein 22 Meter langes und 8 Meter breites Objekt, von welchem nur das Umfassungsmauerwerk aus dem 14. Jahrhundert erhalten blieb und das tonnenförmige eingewölbte Erdgeschoss mit neugotischen Fenstern.
Weil im 15. Jahrhundert die Burg schon nicht mehr den damaligen Wohnanforderungen entsprach - sie hatte nur ein Wohngebäude - zentralisierte sich der spätgotische Umbau auf das Erweitern des bewohnten Teiles. An Stelle des ursprünglichen Eckwehrturmes wurde ein viereckiger Turmpalast gebaut, der allmählich durch einen schmalen Flügel entlang der östlichen Umfassungsmauer mit dem alten Palast verbunden wurde. Aus Abwehrgründen war der Turmpalast von den übrigen Räumen des Wohnflügels durch einen kleinen Hof abgeteilt. Das Erdgeschoss des Turmpalastes ist durch ein Kreuzgewölbe ohne Bolzen eingewölbt. Das erste Stockwerk hatte eine Holzbalkendecke und drei große Fenster und war durch eine Wendeltreppe mit dem Hof verbunden. Auf der anderen Hofseite entstand Anfang des 16. Jahrhunderts ein gewölbter Raum, wahrscheinlich die Burgkapelle, obwohl ältere Traditionen die Kapelle dem Erkersaal des alten Palastes gleichsetzen. So entstand ein einheitlicher Gebäudekomplex, der um das Jahr 1570 noch baulich instandgesetzt wurde.
Im Zusammenhang mit dem Umbau wurde im 15. Jahrhundert nördlich der Burg noch eine vorgeschobene Befestigung errichtet, die von den eigentlichen Burggebäuden durch eine enge Schlucht abgeteilt ist. Diese Befestigung schützte die Burg vor möglichen Artillerieangriffen und gleichzeitig sicherte sie den Zugang zur Burg vom Wirtschaftshof in der Vorburg. Mit der eigentlichen Burg war diese Befestigung durch eine Fallbrücke verbunden.
Die malerische Lage der Burg Schreckenstein entsprach voll der romantischen Vorstellungskraft des 19. Jahrhunderts über das Mittelalter. Ihre Burgruinen gehörten deshalb zu den ersten, auf die sich damals die romantischen Interessen für Denkmäler aus der Vergangenheit konzentrierten. Um das Jahr 1811 besuchte die Burg der deutsche Dichter Theodor Körner. Der berühmteste Besucher aus den Reihen der Maler war im vorigen Jahrhundert Ludwig Adrian Richter. Von ihm stammt das wohl berühmteste Bild der Burg „Überfahrt bei Schreckenstein“, das sich in der Dresdner Nationalgalerie befindet.
Auch der große deutsche Komponist Richard Wagner fand Gefallen an Schreckenstein. Wagner reiste trotz seiner ständigen Geldschwierigkeiten viel umher und war ein Liebhaber Böhmens. In seinem Memoiren schwärmt er immer wieder von seinem geliebten Böhmen, den Aufenthalten in Karlsbad und den heilbringenden Quellen. So ist es nicht verwunderlich, dass er sich von dieser beeindruckenden Gegend auch zu einem seiner Werke inspirieren lies.
Im Sommer des Jahres 1842 verbrachte er einige Tage auf Schreckenstein und holte sich hier Eindrücke für sein Werk „Venusberg“. Damit sein Eindruck wiedergegeben werden kann, hier ein Ausschnitt aus seiner Lebenserzählung:
„Kaum hatte ich nun durch briefliche Vermittlung bei dem reichen Kunstmäzen Schletter in Leipzig für den im Misere in Paris zurückgebliebenen Kietz einiges ausgewirkt, für die ärztliche Behandlung Minnas und für die Ordnung meiner eigenen kümmerlichen finanziellen Lage zur Not gesorgt, als ich mich in frühgewohnter Weise zu einer mehrtägigen Fußwanderung in das böhmische Gebirg aufmachte, um meinen Plan zum „Venusberg“ unter den angenehmen Eindrücken eines solchen Aufenthalts in mir auszuarbeiten. Hierzu reizte es mich, auf dem so romantisch gelegenen Schreckenstein bei Aussig für mehrere Tage in dem kleinen Gastzimmer, in welchem des Nachts mir eine Streu aufgemacht wurde, mein Quartier zu nehmen. Tägliche Besteigung des „Wostrai“, der höchsten Bergspitze der Umgebung, erfrischten mich, und die phantastische Einsamkeit regte meinen Jugendmut in der Art wieder auf, dass ich eine volle Mondnacht, in das bloße Bett-Tuch gewickelt, auf den Ruinen des Schreckensteins herumkletterte, um mir so selbst zur fehlenden Gespenstererscheinung zu werden, wobei mich der Gedanke ergötzte, von irgend jemand mit Grausen wahrgenommen zu werden. Hier setzte ich denn nun in mein Taschenbuch den ausführlichen Plan zu einer dreiaktigen Oper „Der Venusberg“ auf, welchem vollkommen getreu ich später die Dichtung ausführte.“

Seinen Prosaentwurf aus dem Jahre 1842 nannte er „Der Venusberg“. Als darüber aber allerlei Witze in Umlauf kamen - vor allem von Seiten boshafter Medizinstudenten - entschloss er sich für den weniger anfechtbaren Titel „Tannhäuser“.
Wagner hatte mit dieser Oper bei seiner Erstaufführung in Dresden am 19. Oktober 1845 nur mäßigen Erfolg. Für die Premiere in Paris 1861 schrieb Wagner einen neuen Anfang, da die Franzosen ein Ballett eingebaut haben wollten. In dieser Fassung folgt auf die Overtüre ein bacchantischer Tanz auf dem Venusberg. Richard Wagner beschäftigte sein „Tannhäuser“ ein Leben lang und war anscheinend noch immer damit unzufrieden. Noch drei Wochen vor seinem Tod, am 23. Januar 1883, notierte Cosima Wagner in ihrem Tagebuch: „Er sagt, er sei der Welt noch den Tannhäuser schuldig“.
Besonders der Pilgerchor mit „Freudig begrüßen wir die edle Halle“ aus dieser Oper zählt für Operchöre zu den beeindruckendsten Stücken aus dem Werk.
Natürlich wurde auch die Burg Schreckenstein 1948 enteignet und in staatlichen Besitz überführt. Erst mit dem Rückgabegesetz von 1992 konnte es wieder in die Hände ihrer ursprünglichen Besitzer, der Familie Lobkowitz, zurückgegeben werden.
Derzeitiger Besitzer der Burg und der umliegenden Grundstücke ist William von Lobkowitz, dem auch das Schloss der Lobkowitzer in Nelahozeves (Mühlhausen) gehört.

 

   
   
zurück zur Übersicht "Reiseziele in Böhmen" zurück zur Hauptseite